Irland
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Wie Sligo mich komplett überraschte: versunkene Spanier, Surfer und Seegras

Hätte ich nie von der irischen Provinz erwartet: Ich schlief im alten Irrenhaus und aß mit Surfern zu Abend. Vor der Küste soff die spanische Armada ab und das lokale mit Stolz produzierte Produkt ist Seegras. Wenn ich weiter gegraben hätte, da wären ganz sicher noch mehr Überraschungen zu Tage gekommen. Doch am meisten beeindruckt haben mich die Menschen, die hier an und mit der Küste Sligos leben und sich nichts Schöneres vorstellen können. Einen ganzen Tag verbrachte ich im County Sligo (sprich Slei-go‘) auf meiner Reise mit einem Haufen Reiseblogger durch den Nordwesten Irlands, und an diesem Tag habe ich diesen Zauber von Irland richtig spüren können.

 

Die Surfer von Sligo

Schwimmen ist am Strand von Strandhill (Strömungen!) verboten. Aber Surfen ist ok, kein Problem (welcome to Ireland :)) Direkt am Strand liegt Shells Café, wo wir zu Abend essen. Es wird diese unbeschreiblich leckere Mischung aus mediterraner und irischer Küche serviert, in die die Besitzer Myles und Jane so viel Liebe stecken (meine Empfehlung!).

Sonnenuntergang in Strandhill

Zum Essen setzt man mich neben Linda und Gerald. Vom ersten Eindruck her hätten die beiden meine Eltern sein können. Erst mustern wir uns ein wenig, dann lachen wir uns zaghaft an: „Und was macht Ihr so?“

Die beiden sind vor einigen Jahren hierhergekommen und betreiben eine Surfschule (!) Erst im Alter haben sie sich diesen Traum erfüllt, aber Gerald surft schon seit den 60er Jahren und war in den 70ern der beste Surfer Irlands. Denn die Küste hier ist im Sommer perfekt zum Surfen. Und auch Linda liebt das Meer, wenn sie nicht auf dem Brett steht, fährt sie Seekajak. „Wir brauchen das Meer, wir können es von unserem Haus sehen.“ Erzählt sie. „Und im Winter, wenn es stürmt, wird das nicht unheimlich?“ will ich wissen „Nein, das Haus steht hoch genug. Wir brauchen das Meer, darauf wollen wir nicht mehr verzichten!“

Schuhe der Surfer an der Küste

Was sie denn im Winter über machen würden, wenn die Surfschule geschlossen sei? „Oh, wir fahren nach Marokko“ Cool, denke ich, einfach mal nach Casablanca fliegen. „Neinnein, wir FAHREN nach Marokko, den Atlantik entlang durch Frankreich, Spanien und Portugal“ Wie geil ist das denn?! Die beiden surfen und bereisen die Welt, sie machen einfach was sie wollen. Die sind ja wie wir, fast wie Reiseblogger! An diesem Abend ermutigen meine Kollegin Susi (Black Dots, White Spots) und ich die beiden zwei Rotweinglas-Längen lang, dass sie uuunbedingt schreiben müssten. Denn mit ihrer Erfahrung und ihrem Leben hätten sie soo unglaublich viel zu erzählen! Wir sind uns einig, sie müssten Blogger werden. Die ersten beiden Stammleser hätten sie mit uns schon mal!

 

Das Grab der Spanischen Armada

Die Sonne scheint, als wir an der Küste ankommen. „Macht ein Foto von der Sonne, wir haben sie nicht zu oft hier!“ heißt es in Irland, wenn sie mal scheint. Wir wandern über die Klippen, Dünen und Strandabschnitte von Streedagh. Auriel, sie ist maritime Archäologin, ist vor einigen Jahren nach Sligo an die Küste gekommen und will hier auch bleiben, so sehr liebt sie es. Sie zeigt mir ein Steingrab auf einer Düne, es ist geschätzt fast 9000 Jahre alt und stammt von den ersten Menschen, die nach der Eiszeit nach Irland kamen. „Ist dir bewusst, dass die Düne auf der wir stehen noch älter sein muss als das Grab?!“ Da hatte ich jetzt so nicht drüber nachgedacht, aber stimmt! Tausende Jahre alte Dünen sind so verdammt selten, normalerweise wandern oder erodieren sie.

Die Küste bei Streedagh

Das Steingrab auf der Düne

Das Wetter ist wunderschön und erlaubt uns runter zu den Felsen am Meer zu klettern. „Schaut mal auf den Boden, schaut genau hin“ sagt Auriel. Wir stehen inmitten von Fossilien, Sandwürmer, Pflanzen, Schnecken und andere Tiere, die Küste von Sligo ist voll davon.

Fossilien in den Klippen

Dann erzählt sie uns von den Schiffen, die hier direkt vor der Küste in einem unvorstellbar schweren Sturm gesunken sind. 1588 sind die Spanier mit 130 Schiffen losgefahren, um Großbritannien zu erobern. An Bord Seeleute, Pferde, Nutztiere, Kanonen, Soldaten, Geistliche, Adlige und Gold. Denn man wollte gleich bleiben. Dummerweise entdeckten die Briten die Flotte und drängten sie ab. Durch einen Navigationsfehler gelangte die angeschlagene spanische Armada im Nebel viel zu nah an die Küste vor Irland und geriet in den tödlichen Sturm, in dem tausende Menschen starben. Eine Tragödie. Doch mit einer Moral: Ein anderes Land angreifen zu wollen, kann ziemlich daneben gehen.

Ein Denkmal erinnert heute an die spanischen Schiffe vor der Küste.

Denkmal für die spanische Armada

 

Seegras: Esst es und badet dann darin!

In Sligo liebt man das Seegras: Im Brot, im Pesto und am Ende legt man sich noch hinein. Und natürlich wird es (wie auf Nusa Lembongan) in Feldern an der Küste angebaut und dann an die Kosmetikindustrie verkauft.

Eithna hat sich ihren Traum an der Küste verwirklicht: Ihr eigenes Restaurant, liebevoll eingerichtet mit Blick auf den kleinen Fischerhafen. Sie bereitet frisch zu, was das Meer hergibt: Fische, Krabben, Krebse und eben Seegras. Mit ganzem Herzen widmet sie sich ihrem Lokal, bereitet Produkte aus der Region zu und freut sich auch nach Jahren noch über jeden neuen Gast. Ihre Spezialität ist das hausgemachte Seegras-Pesto, in das das hausgemachte Seegras-Brot getunkt wird. Nicht nur, dass die Algen gesund sind, sie schmecken auch unerwartet gut!

Fanta und das Seegras-Pesto bei Eithna

Für uns Reiseblogger kommt Eithna noch einmal mit dem respektablen Seafood-Tablett herum und zeigt uns den Einkauf von heute. Es wirkt wie hergerichtet für ein Fotoshooting, doch für Eithna sind das die Produkte „ihrer“ Küste die sie für ihre Gäste später noch zubereiten wird. Ich bekomme ein Gefühl dafür, warum sie die Küste und ihre Produkte so mag.

Das Tablett!

Am Nachmittag bade ich dann im Seegras. Ja wirklich, ich lege mich da rein! Klingt ein wenig nach einer Wellness-Sache für gestresste Manager und nach Schönheit gierenden Frauen. Meinetwegen mag da etwas dran sein, aber es ist mehr: Nämlich sehr angenehm und (wie mir versichert wird) gesund. In einem eigenen Raum mit Seegras-Badewanne gehe ich zuerst ins angeschlossene Dampfbad (Poren öffnen). Danach kletter ich in die warme Seegras-Wanne. Das Wasser ist schleimig! Seegras ist ein Bindemittel, Cremes, Soßen, wasauchimmer wird damit gebunden (Schaut mal auf Lebensmitteln nach den Nummern E400 – 407 oder nach Carrageen). Beim Baden entgiftet es und ist voller Mineralien für Haut und Haare, wenn ich Hautprobleme hätte, müsste ich unbedingt öfters kommen, sagen mit die Damen von Voya Seaweed baths noch. Hab ich zum Glück nicht.

Rein ins Seegras!

 

Der Geist im alten Irrenhaus

Die Nacht schlafen wir im Sligo Clarion, das Hotel ist eine alte psychiatrische Klinik. Die Gänge waren endlos lang, ohne zu übertreiben brauchte ich 5 Minuten, um in mein Zimmer zu gelangen.

Am nächsten Morgen schwört eine Blogger-Kollegin, sie hätte auf dem Weg zum Frühstück einen Geist gesehen. Ein schlaksiger junger Mann in einem altmodischen Anzug lief orientierungslos durch den Gang: „Muss mein Zimmer finden, muss mein Zimmer finden, keinen Ärger…“ Als sie ihn ansprach schaute er durch sie hindurch. Wie gruselig. Doch ich glaube ihr irgendwie. Denn wenn sich schon Menschen auf dem Weg in ihr Zimmer verlaufen können, warum sollen dann nicht auch die Geister alter Irrer hier gefangen sein?!

das Clarion Sligo: ehemaligs Irrenhaus

 

 

Hinweis: Vielen Dank an Failte Ireland, die mich auf die Tour entlang des Wild Atlantic Way North West (Co. Sligo und Co. Donegal) eingeladen haben. Meine Meinung bleibt davon selbstverständlich unbeeinflusst.

 

 

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